Arbeiten für das neue Stadtquartier in Leipzig beginnen im Herbst

das neue Stadtquartier in Leipzig

Bayerischer Bahnhof: Arbeiten für das neue Stadtquartier in Leipzig beginnen im Herbst

Die Vision ist grün, luftig und offen. Davor steht der Alltag, bestehend aus Beschlüssen und Verträgen, schwarz auf weiß. In den kommenden Tagen nehmen die Planungen für das zukünftige Stadtquartier auf der rund 40 Hektar großen Brache hinter dem Bayerischen Bahnhof die nächste Hürde: Der Leipziger Stadtrat soll das Bebauungsplanverfahren anschieben.

Leipzig

 Frühestens im Herbst wird erstmals Boden bewegt.

„Dabei handelt es sich um Bodenaufbereitung und Pflanzungen als Ausgleichsmaßnahmen für den Bau des City-Tunnels“, erklärte Jochem Lunebach, Leiter des Stadtplanungsamtes auf Anfrage von LVZ-Online. Für einen Baustart im eigentlichen Sinne kann die Stadt noch keinen Termin nennen.

„Wir müssen jetzt einen Weg finden, wie die gewaltigen Anforderungen finanziert werden.“ Diese Herausforderung wolle man einvernehmlich mit der Deutschen Bahn (DB) lösen. Der DB Services Immobilien GmbH gehört ein Großteil der Flächen des Areals zwischen Bayerischem Bahnhof im Norden und Richard-Lehmann-Straße im Süden des Geländes.

Dort soll in rund zehn Jahren ein lebendiges Stadtquartier entstehen, dessen Herzstück ein Park entlang der Bahnstrecke bildet. Die beliebte Südvorstadt im Westen des Gebiets sowie die Wohn- und Universitätsquartiere rund um die Straße des 18. Oktober sollen zusammen wachsen. Über das Verfahren zum Bebauungsplan muss nun die Umnutzung von nicht mehr benötigten Betriebsflächen der Deutschen Bahn in die Wege geleitet werden.

Sieger-Entwürfe werden zum Masterplan ausgebaut

Sport- und Freizeitflächen, Radwege, Wohnungen und Geschäfte sehen die Entwürfe des Berliner Büros „Wessendorf Architektur Städtebau“ und der Landschaftsarchitekten des Ateliers Loidl vor. Im März 2011 setzten sich die Berliner Architekten im Realisierungswettbewerb gegen mehr als 25 Konkurrenten durch. Die Anbindung an das Verkehrsnetz sei mit Fußgänger- und Radfahrbrücken als Ost-West-Querung ebenso gut umgesetzt wie ökologische Aspekte, sagte Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal damals. „Jetzt geht es darum, die Details zu überarbeiten“, erklärte Architekt Jörg Wessendorf gegenüber LVZ-Online. Bis zum Herbst 2012 soll der Masterplan stehen. Erst danach könne man zum Beispiel sagen, welche Wohnbebauung wo gewünscht ist.

In den Planungsprozess sollen die Bürger umfassend einbezogen werden, so der Stadtplanungsamtsleiter, die Stadt erarbeite dazu ein Konzept. Erst wenn klar sei, welche Straßen, Wege und Plätze entstehen, könne man sagen, wie viel Geld ins Großprojekt investiert werden muss.

Verträge mit der Deutschen Bahn sollen Entwicklung sichern

„Sehr viel an öffentlichen Mitteln können wir nicht aufbringen“, so der Chef des Planungsamtes. Gemeinsam mit der Deutschen Bahn will die Stadt die beste Lösung finden. Die Grundstücke gewännen durch die Entwicklung des Gebiets an Wert, sagte Lunebach. Davon profitiert die Bahn, wenn Investoren einsteigen. Gleichzeitig kann die Stadt auf einem attraktiven Areal weiter wachsen. „Wir müssen Aufwand und Erträge durchrechnen“, so Lunebach.

Bis zum Ende des Jahres sollen die Ergebnisse in Verträge gegossen sein. Gebaut wird dann dort, wo künftige Investoren zuerst ansetzen. Wichtiges Kriterium sei die einfache Erschließung, und damit rücken die Wohngebiete westlich des Areals in den Blickpunkt. Will sagen: Die Südvorstadt könnte zuerst Zuwachs bekommen. „Ob der Anfang am Bayerischen Bahnhof oder woanders gemacht wird, ist dann aber eigentlich nicht mehr entscheidend“, meinte der Planungsamtsleiter.

Evelyn ter Vehn

neues Wohnviertel am Bayerischen Bahnhof

Seit mehreren Jahren hängt in Leipzig eines der größten innerstädtischen Bauprojekte in der Schwebe. Jetzt scheint endlich eine Einigung zwischen der Kommune und der privaten Stadtbau AG über die Entwicklung am Bayerischen Bahnhof möglich. Auf der 40 Hektar großen Brachfläche sollen Wohnungen für Tausende Menschen, auch Gewerbe, Schulen, Kindergärten entstehen. „Es zeichnet sich die große Lösung ab“, weckte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) kürzlich im Stadtrat Hoffnungen. Doch ein Wermutstropfen bleibt in jedem Fall.

Anfang Oktober sollen nach den Worten von Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU) die Ergebnisse eines Mediationsverfahrens vorliegen. Wie berichtet, war im Mai dieses Jahres ein externer Moderator eingeschaltet worden, um Streitpunkte zwischen der Stadt und dem Immobilienunternehmen zu klären. Seitdem haben sich laut Albrecht beide Seiten wöchentlich getroffen.

Östlich der City-Tunnel-Trasse könnte es dieses Jahr losgehen

Nach Angaben des externen Moderators, der die Gespräche leitet, wurde bereits Einigkeit über wesentliche Punkte erzielt. Grundsätzlich solle für die Bebauung des Areals wieder zu dem städtebaulichen Entwurf zurückgekehrt werden, der 2011 aus einem internationalen Wettbewerb siegreich hervorgegangen war. Gewonnen hatte damals eine Arbeitsgemeinschaft der beiden Berliner Büros Jörg Wessendorf Architektur sowie Atelier Loidl Landschaftsarchitektur. Ihr Entwurf wurde mit Lob überschüttet. Zum Beispiel sagte der damalige Baubürgermeister Martin zur Nedden (SPD): „Die Verbindung zwischen der Südvorstadt und den Neubaugebieten an der Straße des 18. Oktober ist hervorragend gelungen.“

In den Folgejahren hatten jedoch verschiedene Rathaus-Dezernate alle möglichen Änderungswünsche eingebracht, die teils im Widerspruch zu dem Wettbewerbsergebnis standen. Nun heißt der Rettungsweg offenbar: Zurück auf Los!

Konkret soll der großzügig projektierte Grünzug in der Mitte des Areals nicht angetastet werden. Nahe dem heutigen Sportplatz am Dösner Weg (zwischen der Schwimmhalle Tarostraße und der Semmelweisstraße) kann die Kommune eine Oberschule und ein Gymnasium errichten, deren Kapazitäten für insgesamt 2000 Schüler ausreichen sollen. Für einige neue Wohnhäuser am Dösner Weg wird ein bereits begonnenes Werkstattverfahren zur Gestaltung fortgesetzt.

Auch die Idee der Stadtbau AG, einen noch gut erhaltenen Teil der Ruine von Gurken-Schumann in eine neue Kita zu integrieren, findet in dem Vermittlungsverfahren Zustimmung, so der Moderator.

Alle Vorhaben östlich der City-Tunnel-Trasse sollen ohne langwieriges Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht werden. Da sich die Flächen in vorhandene Stadtstrukturen einfügen, könnten die Genehmigungen gemäß Paragraf 34 Baugesetzbuch recht schnell erteilt werden. Optimisten sprechen sogar schon davon, dass ein erster Spatenstich noch 2016 möglich sei. Für die Flächen unmittelbar neben dem historischen Bayerischen Bahnhof und am Rande der Südvorstadt seien ebenfalls zügige Genehmigungen möglich, hieß es weiter. Unweit der Kohlenstraße könnte eine weitere Kita, auf der Fläche südlich der Semmelweisstraße (vor der Media-City) noch eine Grundschule entstehen. Je nach Bedarf würde diese Schule Platz für bis zu 1000 Eleven bieten. Für ein sozial gemischtes, großes Wohngebiet westlich der Bahnstrecke sei ein Bebauungsplan indes unumgänglich.

Noch bleibt dem Vermittlungsgremium vier Wochen Zeit, um offene Fragen zu klären. Dann wird das Ergebnis in einer gemeinsamen Sitzung den Spitzen der Stadtverwaltung sowie der Stadtbau AG vorgestellt. Sofern beide Seiten grünes Licht geben, würden als nächstes die Ratsfraktionen beteiligt. Deren Votum entscheidet über die Zukunft des Areals.

Im Stadtrat war die Stimmung zu dem Thema jüngst recht unterschiedlich. „Wir werden von dem Immobilienunternehmen am Nasenring durch die Arena gezogen“, kritisierte Margitta Hollick (Linke). Der Stillstand am Bayerischen Bahnhof sei ein „enormes Ärgernis“, weil Schulen und Kitas dringend gebraucht würden, sagte SPD-Stadtrat Heiko Oßwald: „Baubürgermeisterin Dubrau hat uns vor drei Jahren schon signalisiert, dass wir kurz vor einer Lösung stehen. Ich würde gerne wissen, was für sie kurz bedeutet.“

Prager Dreieck und Brüderstraße sind Ersatzstandorte für Schulneubauten

Im Schulentwicklungsplan, der erst vor vier Monaten vom Stadtrat beschlossen wurde, stehen als Termine für die Inbetriebnahmen 2019 (Grundschule) und 2020 (Oberschule und Gymnasium). Das sei nicht mehr zu schaffen, räumte Jugendamtsleiter Nicolas Tsapos jetzt auf LVZ-Nachfrage ein. Alternativ lasse die Stadt daher die Pablo-Neruda-Schule sanieren. Ein weiterer Grundschulneubau sei an der Brüderstraße vorgesehen – er soll 2020 öffnen. Ein zusätzliches Gymnasium plane die Kommune nun am Prager Dreieck, wo auch schon eine Flüchtlingsunterkunft entstehen soll. Ein Fertigstellungstermin für diese Schule lasse sich aber noch nicht nennen, so Tsapos. Die Schulen auf dem Areal Bayerischer Bahnhof würden dennoch dringend benötigt.

Klaus Staeubert und Jens Rometsch

 

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